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Ein besonderer Tag mit Gott

Den ersten Tag des Monats als Reflexions- und Planungstag mit Gott gestalten.

Am kommenden Montag ist der 1. Mai. Schon Tage vorher freue ich mich auf diesen Tag. Der erste Tag des Monats ist für mich immer etwas Besonderes.

Nicht nur, weil ich Kalender liebe und dann ein Kalenderblatt umblättern kann. Sondern vor allem, weil ich seit einigen Jahren jeden ersten Tag des Monats als Reflexions- und Planungstag mit Gott gestalte.

Früher hatte ich – meist zu Jahresbeginn – einige stille Tage mit Gott verbracht. In dieser Zeit hatte ich auch meine Notizen aus den „Stillen Zeiten“ des zurückliegenden Jahres gelesen. Immer wieder stellte ich dabei fest, dass mir vieles,  was mir in meinen täglichen Zeiten mit Gott wichtig geworden war, wieder durch die Lappen gegangen war. Dieser Ausdruck kommt übrigens aus der Fuchsjagd, wo früher das Jagdgebiet mit Stangen und Tüchern umzäunt wurde. So wollte man sicherstellen, dass die erhoffte Beute nicht verloren gehen würde. Aber manchmal ging einem eben etwas sprichwörtlich „durch die Lappen“. Das wollte ich verhindern.

Deshalb habe ich mit der Praxis des monatlichen Reflexionstages begonnen. Ich nehme den erst en Tag des Monats dafür meist einen ganzen, aber auf jeden Fall einen halben, Tag Zeit. Das ist unabhängig davon, auf welchen Wochentag er fällt. Schon zu Jahresbeginn trage ich diese Tage in meinen Kalender ein – um zu verhindern, dass sie plötzlich von anderen Dingen vereinnahmt werden. Hier möchte ich beschreiben, warum und wie ich das mache und dich einladen, mich an einem meiner „Tage mit Gott“ zu begleiten.

Was bringt so ein Reflexions-Tag?

Verbindung zu Gott. Es ist für mich etwas Besonderes, den ersten Tag eines Monats für Gott zu reservieren. Gott spricht im Alten Testament oft davon, dass er das „Erstlingsopfer“ haben möchte. Er will nicht alles haben. Aber gerne das Erste. Das erste Mal ist immer etwas Besonderes. Ein „erstes Mal“ mit jemandem zu teilen, schafft tiefe Verbundenheit. Den ersten Tag des Monats bewusst mit Gott zu erleben, zu genießen und zu feiern, stärkt unsere Beziehung.

Erinnern und Lernen. In unserer schnelllebigen Zeit stürmen täglich sehr viele Impulse auf uns ein. Da tut es gut, innezuhalten und sich zu erinnern: Was war mir wichtig? Lernforscher haben hera usgefunden, dass man Dinge, die man neu lernt, nach einem Tag, nach sieben Tagen und nach 30 Tagen wiederholen sollte, um sie fest zu verankern. Ich möchte all das, was Gott mir wichtig macht, nicht wieder vergessen. Deshalb finde ich es hilfreich, das Gelernte am Ende jeder Woche kurz und nach einem Monat intensiver aufzufrischen.

Zur Ruhe kommen. Ein ganzer Tag Zeit ist Luxus pur. Da ich für die Reflexion und Planung „nur“ etwa 3 – 4 Stunden brauche, nutze ich den Rest der Zeit zum Beten, Genießen und Entdecken.

Reflexions-Zeiten ganz praktisch

Es ist wunderbar, wenn man sich als Selbständige oder Mensch, der sich Arbeitszeiten frei einteilen kann den Luxus leistet, einen ganzen Tag pro Monat frei zu nehmen. Das gelingt mir an 10 von 12 Tagen im Jahr. Etwa zwei reduziere ich auf einen halben Tag. Das ist auch gut. Für Berufstätige und Familienmanager ist es besonders herausfordernd, wenn der erste Tag des Monats auf einen Arbeitstag fällt. Das ist übrigens nur bei etwa sechs Monatsanfängen der Fall. Die anderen Monatsanfänge fallen rein statistisch ohnehin aufs Wochenende oder auf Feiertage oder Ferienzeiten.

Hier einige Tipps für Menschen, die sich ihre Zeit nicht so flexibel einteilen können:

Reflexionszeit einplanen. Nicht jeder kann sich einen ganzen Tag frei nehmen. Für manche ist es jedoch möglich, Überstunden abzufeiern und sich einen halben freien Tag zu gönnen. Besser etwas als gar nichts. Schon ein oder zwei Stunden Reflexionszeit pro Monat können viel bringen. Die Reflexionszeit kann man entweder an den Beginn oder das Ende eines Arbeitstages legen. Oder wenn das gar nicht geht, auf das Wochenende, das auf den 1. Tag des Monats folgt.

Ein besonderer Ort. Für die meisten Menschen ist es hilfreich, für diese besondere Zeit an einen anderen Ort zu gehen. Das kann im Sommer ein Park sein oder eine offene Kirche. Im Winter ein Café oder ein ruhiges Museum. Vielleicht auch die Wohnung von Freunden, die gerade nicht da sind oder ein leer stehender Konferenzraum in der Firma. Wichtig ist, dass das Umfeld dabei hilft, zur Ruhe zu kommen und sich zu konzentrieren. Ich persönlich mag es auch, wenn die Orte ästhetisch schön und anregend sind. Das hat damit zu tun, dass für mich das Feiern ein wesentlicher Aspekt des Lebens mit Gott ist. An schönen Orten, feiert es sich nun mal leichter.

Reflexionszeit gestalten. Für mich hat es sich bewährt, einige feste Elemente zu haben, denen ich an jedem „Tag mit Gott“ Raum gebe.

  • Überblick: Was ist in diesem Monat beruflich, privat und geistlich geschehen?
  • Reflexion: Was wurde mir wichtig? Hier kann man auch die „Hand-Methode“ (siehe unten) zur Gliederung der Gedanken verwenden.
  • Ausblick: Was kommt in der Zeit, die vor mir liegt auf mich zu? Was ist mir für den kommenden Monat wichtig?
  • Zeit fürs Gespräch mit Gott über das was war und das, was kommt und was mich bewegt.
  • Feiern und Genießen: Das feiern, was gut gelungen ist und die Zeit mit Gott genießen.

Hand-Werkszeug für Reflexion und Ausblick

Nicht jeder kann sich einen ganzen Tag Zeit für Reflexion und Planung nehmen. Aber jeder kann sich etwas Zeit nehmen. Hier stelle ich ein Planungstool vor, das für kurze 1 – Minuten Blitz-Reflexion ebenso geeignet ist, wie für intensive Rückblicke alleine oder mit anderen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass man das Handwerkszeug – die eigene Hand – immer dabei hat.

Fragen für die Reflexion

  • Daumen: Was war gut? Was hat mir an der zurückliegenden Zeit gefallen und gut getan?
  • Zeigefinger: Was habe ich gelernt? Was will ich mir merken? Was wurde mir wichtig? Was will ich festhalten?
  • Mittelfinger: Was hat mir nicht gefallen / gestunken? Was war nicht gut? Was lief schief?
  • Ringfinger: Was hat mich mit anderen verbunden? Was hat die Verbundenheit mit anderen Menschen gestärkt? Was trug dazu bei, dass ich Menschen nah war?
  • Kleiner Finger: Was kam zu kurz? Was hat mir gefehlt?
  • Handfläche: Was war sonst noch wichtig? Welche Aspekte sind noch bemerkenswert?

Fragen für den Ausblick

  • Daumen: Wie müsste es sein, damit es gut wäre? Wie sollte das, was vor mir liegt, werden, damit ich sagen kann: Es war gut?
  • Zeigefinger: Was will ich lernen? Was möchte ich dazu lernen? Wo und wie möchte ich mich weiter entwickeln?
  • Mittelfinger: Was würde mir stinken? Wo könnte etwas schief gehen? Auf welche Gefahren muss ich besonders achten?
  • Ringfinger: Was könnte die Verbindung zu anderen stärken? Was könnte zu Nähe und Verbundenheit mit anderen beitragen und Beziehungen stärken?
  • Kleiner Finger: Was darf nicht zu kurz kommen? Was möchte ich schützen?
  • Handfläche: Was ist sonst noch wichtig? Welche weiteren Aspekte soll ich noch im Blick haben? Worauf will ich noch besonders achten?

Das “Handwerkszeug” ist ein bearbeiteter Auszug aus dem Impulsheft von Kerstin Hack: Stille. Impulse, im Alltag zur Ruhe zu finden.

Buchtipps:

stilleKerstin Hack: Stille. Impulse, im Alltag zur Ruhe zu finden. Down to Earth, 2008. Impulsheft. 2,80€

Direkt erhältlich beim Down-to-Earth-Shop.

Kerstin Hack: UnterUnterstuetzung_Pressestützung. Impulse, Hilfe zu erfahren. Down to Earth, 2011. Impulsheft. 2,80€.

Direkt erhältlich beim Down-to-Earth-Shop.

Wie so ein Tag ganz praktisch aussehen kann, habe ich hier aufgezeichnet. Dies war mein Reflexionstag am 01. Juli 2011:

Teil 1 – Überblick

Als ich am Morgen des 1. Juli aufwache, ist strahlender Sonnenschein. Er hat mich schon um 6.00 wachgekitzelt. Das hätte nicht unbedingt sein müssen. Doch ich bin frisch und freue mich auf den Tag. Als erstes blättere ich den Kalender um. Der August begrüßt mich mit einem Satz von Cicero „Der ist kein freier Mensch, der sich nicht auch dem Nichtstun hingegeben kann.“ Ich schmunzle. Obwohl ich den Kalender selbst gestaltet habe, bin ich überrascht. Der Text passt heute gut.

Ich lese die Monatslosung. Doch sie spricht mich nicht sonderlich tief an. Dann bete ich kurz und verschaffe mir anschließend einen Überblick über den letzten Monat. Was habe ich eigentlich in dieser Zeit gemacht?

Der Blick in den Kalender hilft mir, mein Gedächtnis aufzufrischen. Ich erinnere mich an schöne, intensive Begegnungen und Momente. Ich lasse meine Gedanken zurück schweifen zu Ausstellungen, die ich besucht habe und Menschen, mit denen ich Zeit verbracht habe. Ich sehe mir auch die Übersichten darüber an, was ich in diesen Wochen beruflich gestaltet habe. Viel Konzeption. Ein Impulsheft über Weisheit. Ein Wettbewerb, mehrere Artikel. Puh, das war ganz schön viel!

Nach einem tiefen Durchatmen und einem großen Schluck Milchkaffee verschaffe ich mir einen Überblick über das, was in den nächsten Wochen aufkommen wird – privat und beruflich. Ich freue mich auf eine ganze Reihe von Freuden, die mich besuchen werden. Es wird schön sein, sie wieder zu sehen. Dann überlege ich, wie ich die vor mir liegenden beruflichen Aufgaben am besten meistern kann. Ich notiere mir die Aufgaben und Ziele, die für Juli schon feststehen. Mein Team und ich arbeiten parallel an fünf verschiedenen Titeln; zwei davon zum Thema Vergebung schreibe ich selbst. Es ist wie immer eine Herausforderung, meine verschiedenen Aufgaben als Verlegerin, Autorin, Referentin und Coach unter einen Hut zu bekommen. Gerade deswegen sind diese Planungszeiten so wichtig, klärend und entlastend für mich.

Nachdem ich mit dem Überblick fertig bin, nehme ich mir Zeit, um mit Gott über die Zeit, die hinter mir und über den Monat, der vor mir liegt, zu sprechen. Ich danke ihm  für das, was war. Außerdem lasse ich das los, was ich nicht geschafft habe. Und bitte ihn um Kraft und Begleitung.

Teil 2 – Aufbruch

Es hat sich für mich bewährt, diesen Planungstag außerhalb meiner Wohnung und meines Büros zu verbringen. In den eigenen vier Wänden gibt es immer etw as zu tun. Es gibt vieles, was ablenkt – vom Telefon bis zur Haustürklingel. Eine zu karge Umgebung ist jedoch für mich auch nicht geeignet. Mir tut es gut, eine Mischung aus Ruhe und etwas Anregung zu haben. Deshalb hat es sich für mich bewährt in eine – im Vergleich zu Berlin – der ruhigeren Städte der Umgebung zu fahren. Diesmal habe ich Königs Wusterhausen ausgewählt, eine kleine Stadt im Südosten Berlins, die gut mit der S-Bahn zu erreichen ist.

Am späteren Vormittag mache ich mich auf den Weg. Mir geht ein sehr altes Lied mit dem Text aus Matthäus 7, 7 durch den Kopf. „Bittet so wird euch gegeben. Suchet so werdet ihr finden. Klopft an, so wird euch aufgetan.“ Ich beschließe, dies als Impuls aufzugreifen und lese in der S-Bahn die Stelle und den Kontext in der Bibel nach.

Dabei fällt mir auf, das s dieser Satz sehr allgemein formuliert ist. Es geht ganz grundsätzlich ums Bitten. Erst später spricht Jesus von Bitten an Gott, doch zuerst verallgemeinert er: „Wenn ihr jemanden bittet, dann wird euch gegeben…“

Ich finde Bitten riskant. Bei Menschen und Gott. Wenn man bittet gibt man etwas von sich preis. Eine Schwäche, ein Bedürfnis, einen Bereich, in dem man Hilfe braucht. Man macht sich ein Stück abhängig von der Reaktion des anderen. Schließlich kann man nicht wissen, ob und wie der andere die Bitte erfüllen wird. Das ist riskant. Ich denke mit Wehmut daran, dass nicht al le meine Bitten von Gott oder Menschen erhört wurden, wie ich es mir gewünscht hätte. Das ist verwirrend und schmerzhaft. Ja, Bitten ist riskant.

Meine Gedanken schweifen zurück zu einer Mail, die ich kurz zuvor bekommen hatte. Jemand war das Risiko eingegangen, eine konkrete Bitte an mich zu richten. Die Person bat mich um Unterstützung für ein wichtiges Projekt und schrieb, dass ihr meine Unterstützung Sicherheit geben würde.

Sie wusste:

– Ich habe die nötigen Fähigkeiten, um ihre Bitte zu erfüllen

– Ich schätze sie und bin grundsätzlich bereit, sie zu unterstützen und auf Bitten von ihr einzugehen.

Sie wusste nicht:

– Gibt es Gründe, aus denen ich es ablehnen könnte, ihre Bitte zu erfüllen?

In diesem Fall gab es Gründe. Da ich selbst in einigen Projekten sehr eingespannt war, hatte ich nicht den nötigen Zeitraum zur Verfügung.

Ich entschied mich: Ich könnte sie nicht in dem ganzen Projekt in dem Umfang unterstützen, in dem sie es sich gewünscht hätte. Das wäre schön, aber für mich nicht möglich. Doch ich hätte die Zeit und Kraft sie an einigen Stellen zu unterstützen. Damit habe ich ihren Wunsch nicht erfüllt, sie in allen Bereichen des Projektes zu unterstützen. Dennoch werde ich ihr – wahrscheinlich – das geben können, was sie braucht: Sicherheit an den zentralen Stellen.

Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf lese ich die Passage aus Matthäus 7 noch einmal mit neuen Augen. Dort steht nicht, dass der Vater uns genau das Gewünschte gibt, um das wir gebeten haben. Jesus verspricht nicht, dass der Vater uns immer einen Fisch gibt, wenn wir um einen Fisch bitten. Aber es steht klar da, dass er uns nichts Schlechtes gibt. Keine Schlangen und Skorpione. In anderen Worten: Gott garantiert nicht die Erhörung unserer Gebete nach unseren Vorstellungen. Aber er verspricht, uns auf unsere Bitten hin nichts Schlechtes zu geben. Dennoch: Bitten bleibt riskant, weil nicht einmal Jesus verspricht, dass wir genau das bekommen, worum wir bitten.

Das löst in mir die Frage aus, um was ich Gott in diesem Monat bitten möchte. Ganz konkret. Für welche Bitten will ich die Verantwortung übernehmen? Worum will ich bitten? Bitten – auch auf das Risiko hin, dass Gott – aus Gründen, die mir nicht immer klar sind – meine Bitte anders erhört, als ich es mir wünsche. Aber in dem Vertrauen, dass er mir gibt, was ich brauche. Die Frage nach dem, wofür ich bitten will, begleitet mich durch den ganzen Tag.

Reflexion

In Königs Wusterhausen, oder kurz „KW“, wie die Berliner sagen, angekommen, kaufe ich mir etwas zu trinken und gehe dann zum Schlosspark. Unter einem schattigen Baum hole ich mein Notizbuch hervor. Ich schreibe fast täglich auf, was mir an diesem Tag wichtig wurde. Impulse aus meinen Zeiten mit Gott, aber auch Zitate aus Büchern und Impulse aus Gesprächen und Gebetszeiten. Keine Romane. Nur einige kurze Gedanken. Mein Notizbuch bietet mir zwei DIN A4 Seiten Platz pro Woche. Das muss für das Wichtigste genügen.

Unter dem Baum lese ich mir die Aufzeichnungen des vergangenen Monats noch einmal durch. Manche der notierten Gedanken sind auch Wochen später noch ganz intensiv und präsent. Andere Impulse hatte ich schon wieder vergessen. Es tut gut, die Erinnerung aufzufrischen. Ich unterstreiche, was mir als besonders wichtig erscheint und fasse die Kerngedanken des Monats noch einmal auf einer Doppelseite zusammen. Das ist für mich das Herzstück der Reflexion. Alles noch einmal zu lesen und zu bedenken, stellt für mich sicher, dass wertvolle Dinge nicht so leicht verloren gehen. Neben „Vergiss nicht, was Er dir Gutes getan hat“ ist mir auch das „Vergiss nicht, was er dich gelehrt hat“ wichtig.

Ich will nicht vergessen, was ich mir angeeignet habe. Ich möchte, dass gute Erkenntnisse, sich verankern, vertiefen und ein Teil meines Lebens werden. Die Praxis, das wöchentlich und monatlich noch einmal nachzulesen, schützt mich davor, Gutes wieder zu verlieren. Ich lese an diesem Tag aus dem gleichen Grund auch noch mal die Zusammenfassungen eines oder mehrerer anderer Monate – sicher ist sicher.

Den ganzen Tag über fallen mir – während ich eigentlich über die großen Themen nachdenke – nebenbei alle möglichen Dinge ein, die noch zu erledigen sind. Das ist nicht weiter schlimm. Ich schreibe sie auf einen separaten Zettel. So habe ich sie aus meinem Kopf entfernt, muss mich nicht weiter damit beschäftigen. Aber es wird auch sichergestellt, dass ich sie nicht vergesse. Am nächsten Arbeitstag kann ich mich darum kümmern. Gut so.

Pause machen und genießen

Für mich gehört das Genießen ganz wesentlich zu meinen Tagen mit Gott. Meine Beziehung zu ihm besteht nicht nur aus Arbeit für und mit ihm, sondern a uch aus gemeinsamem Erleben. Deshalb gönne ich mir an diesem Tag gern Dinge, die für mich ein kleiner Luxus sind. Dafür nutze ich die Pausen zwischen den intensiven Reflexionsphasen. Da s kann für mich eine Maniküre sein, ein Bummel durch attraktive Läden oder auch der Besuch einer Ausstellung. Diese Unterbrechungen haben einen doppelten Sinn. Sie sorgen dafür, dass die Dinge aus der Reflexionszeit besser hängen blieben, als wenn man „durchpowert“. Aber vor allem tun sie meiner Seele gut. Und schöne Dinge bewusst mit Gott zu genießen, stärkt auch meine Beziehung zu ihm.

Weil es sich heute anbietet, gönne ich mir als Pause eine Führung durch das Schloss. Der Vater Friedrichs des Großen hatte es als Zehnjähriger von seinen Eltern geschenkt bekommen und als Jagdschloss genutzt. Ich genieße an diesem heißen Sommertag die Kühle der Räume und die aufschlussreichen Erklärungen des Schlossführers. Er hat ein besonderes Faible für die Herkunft von Redewendungen und gibt sein Wissen begeistert weiter. „Blau machen“ kommt aus der Färberei, wo man während der Einwirkzeit der blauen Indigo-Farben nichts tun konnte außer zu warten. Man musste eben blau machen. Jemanden „prellen und hochnehmen“ stammt aus der Fuchsjagd, wo Füchse auf Netze gerieben und dann so lange hochgenomme n und wieder auf den Boden geprellt wurden, bis sie – ohne dass ihr Fell durch Schüsse befleckt wurde – tot waren. Das ist sicher nicht erfreulich für Tierschützer, aber als Wissenshintergrund durchaus anregend für Sprachliebhaber wie mich.

Ausblick

Weil das Brötchen, das ich zu Mittag gegessen hatte, mich nicht wirklich satt gemacht hat, gönne ich mir in einem kleinen Café am Fuß eines Aussichtsturms eine schreckliche Tasse Kaffee und ein herrliches Stück Kuchen. Frisch aus der Tiefkühltruhe. Aber schön dekoriert und mit viel Sahne. Lecker!

Dann fliehe ich vor den Ausflugsgruppen und der dudelnden Radiomusik 110 Stufen hoch auf den Turm. Dort oben ist Ruhe und Weite. Man kann kilometerweit ins Land schauen, auf die kleine Stadt, Seen und Dörfer. Kein Mensch stört mich. Ich setze mich auf das sommerwarme Holz und lasse meinen Blick schweifen.

Weitblick öffnet mir das Herz. Ich fange an, weit zu denken. In sieben Jahren bin ich 50 Jahre alt. Wo will ich dann in meinem Leben stehen? Diese Frage hat mich schon seit Wochen begleitet. Doch nun – mit der weiten Perspektive, sehe ich nun Dinge, die ich vorher nicht wahrgenommen hatte. Einige meiner Wünsche und Träume werden klarer und konkreter. Ich rede mit Gott darüber und überlege gleich anschließend, was ich tun kann, damit das Erträumte und Gewünschte Realität wird.

Plötzlich springen meine Gedanken von der großen Zukunftsperspektive zu einer konkreten Anfrage für ein Buchprojekt. Nachdem ich wochenlang keine zündende Idee dafür hatte, sprudelt es nun plötzlich nur so aus mir heraus. Mir ist auf einmal ganz klar, wie ich das Projekt angehen kann. Ich komme kaum mit dem Aufschreiben der Ideen nach, weil sie nur so fließen. Das ist eine Erfahrung, die ich an diesen ersten Tagen des Monats oft mache. Ich verliere letztlich keine Zeit dadurch, dass ich an diesem Tag nicht „normal“ arbeite. Ich gewinne viel Klarheit. Dadurch spare ich an anderen Stellen viel Zeit. Viele meiner besten und gewinnbringendsten Ideen sind an diesen Tagen entstanden.

Abschluss

Zum Abschluss des Tages gehe ich an einen Kanal. Ich liebe es, an Gewässern zu sitzen. Wasser hat eine ungemein beruhigende Wirkung auf mich. Ich denke noch einmal über den Impuls vom Anfang des Tages nach: Worum will ich Gott bitten? Wo möchte ich andere Menschen um Unterstützung bitten? Worum möchte ich mich selbst bitten?

Mit den Bitten an mich selbst, habe ich gute Erfahrung gemacht. Oft passiert es mir, dass ich Dinge, die mir eigentlich wichtig sind, wieder vergesse. Deshalb tut es mir gut, wenn ich konkret darauf achte, dass ich das, was mir wichtig ist, nicht vergesse. Oder mich eben selbst bitte, Wichtiges nicht zu vergessen.

Damit es nicht zu viel wird, beschließe ich, die Liste auf neun Punkte zu begrenzen. Drei Bitten an Gott. Drei Bitten an Menschen. Drei Bitten an mich. Nach einer Weile habe ich die Bitten im Kopf und Herzen.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof spreche ich die Bitten halblaut vor Gott aus. Ich sage Gott, worum ich ihn in Bezug auf diesen Monat konkret bitte. Ich bitte ihn, mir bei den Dingen, die ich mir selbst vorgenommen habe, zu helfen.

Auf dem Weg zum Bahnhof komme ich an einem großen Baum vorbei. Er muss einmal prächtig gewesen sein. Doch er ist von innen heraus vermodert. Das möchte ich in meinem Leben nicht erleben. Meine Tage mit Gott sind eine Vorsichtsmaßnahme gegen das Vermodern. Sie helfen mir, zu entdecken, was in meinem Leben mit Gott und ganz allgemein gut und vital ist. Sie zeigen mir aber auch, wo Dinge meine Vitalität und Lebenskraft bedrohen.

Ich bin dankbar, dass ich mir diese Zeiten nehmen kann. Der nächste erste Tag des Monats kommt bestimmt. Ich freue mich schon.

Bearbeitete und leicht gekürzte Fassung eines Artikels, der zuerst in der Zeitschrift Aufatmen erschien. Mit freundlicher Genehmigung.

Headerphoto: unsplash.com/Freddy Castro


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