Was Verantwortliche brauchen? Angstfreies Denken
„Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, mußt du nur herausfinden, wen du nicht kritisieren darfst.“ Voltaire
Die Zahlen sind erschreckend. Nein, ich meine nicht die Zahlen der Flüchtlinge, der Ermordungen, des Terrors. Ich meine die hohe Zahl der Verantwortlichen, die Angst haben, das was sie als richtig erkannt haben, umzusetzen. Es ist in der Regel nicht das Wissen, um Zusammenhänge, das fehlt, sondern die Angst vor den Konsequenzen.
Dazu gibt es einen faszinierenden Ted-Talk mit dem Titel Dare to Disagree” // Wage es, nicht übereinzustimmen (Englisch, aber mit der Möglichkeit, deutsche Untertitel einblenden zu lassen). Hier beschreibt Margret Heffermann ein erschreckendes Szenario:
In Befragungen europäischer und amerikanischer Führungskräfte, haben ganze 85 Prozent zugegeben, dass es Fragen oder Bedenken bei der Arbeit gab, die sie fürchteten anzusprechen. Aus Angst vor dem Konflikt, der dadurch provoziert würde, aus Angst in Streitigkeiten verwickelt zu werden, mit denen sie nicht umzugehen wussten, und wo sie das Gefühl hatten verlieren zu müssen.
Mich hat das richtig erschreckt, weil ich dachte: Die Zahlen werden bei anderen Führungskräften nicht anders sein: Bei Politikern oder Leitern von Organisationen, Gemeinden usw. 85%, die Angst haben. Das ist erschreckend viel! Heffermann gibt einige Anregungen, wie man die Angst überwinden kann.
Wie also entwickeln wir die Fähigkeiten, die wir brauchen? Geschick und Praxis / Übung ist nötig. Wenn wir Konflikte nicht fürchten sollen, müssen wir sie als Denken ansehen, und dann müssen wir richtig gut darin werden. […] Wir müssen diese Fähigkeiten Kindern und Erwachsenen in jeder Phase ihrer Entwicklung vermitteln, wenn wir denkende Organisationen haben wollen und eine denkende Gesellschaft.
Was aber macht man mit den 85% der Verantwortlichen, die weitreichende Entscheidungen treffen müssen und sollten, aber es aus Angst nicht tun? Und viele Menschen unter den Folgen der Fehlentscheidungen, die aus der Angst resultieren, zu leiden haben.
Als Christin denke ich, dass – neben Feedback, Briefen, Pressearbeit usw. auch das Gebet eine entscheidende Rolle spielt. Paulus fordert in einem seiner Briefe auf, ganz spezifisch für politisch verantwortliche zu Beten – damit die Menschen ein gutes, friedliches Leben führen können – siehe 1. Timotheus 2, 1-2.
Konkret könnte man dafür beten, dass Verantwortliche von Gott das Geschenk bekommen, kritische Situationen angstfrei anzugehen. Ich persönlich glaube, dass man durch wohlwollendes, segnendes Gebet dazu beitragen kann, dass der angstfreie Raum um einen Menschen, in dem er klare, offene, mutige Entscheidungen treffen kann, weiter wird.
Anleitung für emphatisches, fürbittendes Gebet
1. Situationsbeschreibung: Verantwortliche/r XY muss derzeit eine Fülle weitreichender Entscheidungen treffen – im Bereich XYZ.
2. Einfühlung in seine Gefühle: Er/Sie fühlt sich vermutlich ängstlich, überfordert, vielleicht auch traurig, dass er sich mit all dem auseinandersetzen muss.
3. Einfühlung in seine Bedürfnisse/das, was er braucht: Vermutlich braucht er jetzt Entlastung, Klarheit, Mut…
4. Bitte: Eine Bitte an Gott, der Person das zu geben, was sie vermutlich braucht.
Die vier Schritte sind angelehnt an die 4 Schritte aus der gewaltfreie Kommunikation.
Wem Gebet fremd ist, der kann die ersten drei Schritte trotzdem durchgehen und die Verantwortlcihen einfach innerlich mit warmen Wohlwollen umgeben. Auch das ist ein Geschenk.
Buchtipp: Gebet für Politik.
Wer gern konkret für Politiker und ihre Bedürfnisse beten will, dem gibt diese Impulsheft gute Anregungen. Ich habe es gemeinsam mit einem Politologen, der einen besseren Einblick in das hat, was Politiker bewegt, geschrieben. Es ist in 7 Abschnitte aufgeteilt, so dass man jeden Tag für einen anderen Aspekt beten kann. Und passt in jede Hosentasche und Bibel. Man kann online in das Heft reinlesen.
Einzeln: 2,50 Euro // Zehnerpack zum Weitergeben: 20 Euro
15. 1. 2015 Kerstin Hack
Der Papst hat diesen Blogbeitrag übrigens kürzlich kommentiert…naja, nicht ganz direkt, aber seine Gedanken ergänzen das Geschriebene:
Jeder hat nicht nur die Freiheit, das Recht, sondern auch die Pflicht, das zu sagen, was er als förderlich für das Gemeinwohl betrachtet. Die Pflicht: Denken wir an einen Abgeordneten, einen Senatoren. Wenn er nicht das sagt, was er für den richtigen Weg hält, trägt er nicht zum Gemeinwohl bei. Und nicht nur sie, sondern viele andere auch. Wir haben die Pflicht, frei zu sprechen, wir haben diese Freiheit, aber ohne zu beleidigen.