Die dunkle Seite der Reformation III: Reformatoren verdammen Wiedertäufer

Teil III der Serie: Die dunkle Seite der Reformation befasst sich mit reformatorischen Bewegungen  um Luther, Melanchthon, Zwingli und Cavlin und deren Verhältnis zu den Wiedertäufern.

Hier geht es zu Teil I der Serie: Luther und die dunkle Seite der Reformation

Hier geht es zu Teil II der Serie: Märtyrer der Reformation

 

Lichtblicke im dunklen Mittelalter

In den langen Jahren mittelalterlicher Religiosität – in der die katholische Kirche zu einer einflussreichen, politischen Größe geworden war und den Gläubigen viele Praktiken zu ihrem eigenen Machterhalt auferlegte – waren immer wieder Erneuerungsbewegungen entstanden. Diese betonten Elemente des neutestamentlichen Glaubens und der „Urgemeinde“ und kritisierten, dass sich die katholische Kirche in vielen Punkten von der biblischen Lehre weit entfernt hatte. Manche, die eine geistliche Erneuerung der Kirche forderten, landeten als Ketzer auf dem Scheiterhaufen. Die meisten Erneuerungsbewegungen jedoch formierten sich als religiöse Orden. Sie standen zunächst in Opposition zum kirchlich-politischen System, passten sich aber zunehmend der herrschenden Ordnung an, je mehr sie an Zahl und Einfluss zunahmen.

Im 16. Jahrhundert jedoch erhoben sich immer mehr Stimmen, die eine Erneuerung der Kirche forderten. Mönche und Priester, wie Martin Luther in Wittenberg, prangerten die Diskrepanz zwischen dem Zustand der Kirche und dem biblischen Vorbild an.

Gutenberg als Katalysator

Die Druckerpresse Johannes Gutenbergs tat dann ein Übriges, dass hier eine Bewegung mit größerem Gewicht losbrach: Durch aufwühlende Traktate und  die deutsche Übersetzung der Bibel begannen sich die Menschen der deutschsprachigen Länder nach Veränderung in Kirche und Glaubensleben zu sehnen. Nachdem das Wort Gottes in die Hände der Menschen gelangt war, ließ sich die neue Bewegung nicht mehr kontrollieren – weder von der katholischen Kirche noch vom Kaiser. Beide hatten die Stärke der Bewegung völlig unterschätzt.

Einen, den Luthers Gedanken stark prägten, war Menno Simons. Als katholischer Mönch kamen ihm immer mehr Zweifel. Doch verwehrte er sich dagegen, die Autorität der Kirche in Frage zu stellen. Je mehr er jedoch im Neuen Testament las, desto deutlicher wah er, wie weit seine Kirche sich von der Lehre Jesu entfernt hatte. Sein innerer Konflikt spitzte sich zu: Welcher Autorität sollte er mehr gehorchen – der Kirche oder dem Wort Christi? Laut der katholischen Kirche führte Unglaube den kirchlichen Lehren gegenüber in den ewigen Tod. Als Menno ein Buch Luthers in die Hand fiel, las er: “Wer aus Gehorsam gegenüber der Bibel der Kirche ungehorsame wird, ist nicht verdammt!” Zunehmend stellte er sich dieser Wahrheit und wurde frei, seinem Glauben und Gewissen entsprechend sowohl der katholischen  als auch der reformierten Kirche gegenüber seine Überzeugung aus der Bibel zu finden. Denn auch die reformierte Bewegung ging aus seiner Sicht nicht weit genug. (Menno wurde später zum führenden Vertreter der Täuferbewegung und Namensgeber der Mennoniten.)

Das ging vielen so, die sich nach Erneuerung sehnten. Sie empfanden, dass Luthers Reformation auf halbem Wege steckengeblieben war, ebenso wie später die von Zwingli. Beide wollten zwar eine Erneuerung der Kirche, scheuten sich aber, das Bündnis mit dem Staat generell in Frage zu stellen. Viele andere Gläubige lehnten diesen Kompromiss jedoch ab. Für sie war das Beispiel der ersten Jünger und der Urgemeinde – ein Leben nach dem Neuen Testament – maßgeblich. Weil sie entsprechend erwachsene Menschen zur Umkehr riefen und tauften, wurden sie von ihren Feinden „Wiedertäufer“ genannt und verdammt. Es kam sogar so weit, dass sie schließlich grausam verfolgt und massenweise umgebracht wurden.

Das Augsburger Bekenntnis – ein Kompromiss auf wessen Kosten?

Das Augsburger Bekenntnis von 1530, das Philipp Melanchthon verfasst hatte, beabsichtigte neben einer Befriedung des lange und schrecklich schwelenden Konflikts zwischen protestantischer Bewegung und katholischer Kirche noch etwas anderes. Das Bekenntnis enthält vier Verdammungen der „Wiedertäufer“, womit Melanchthon eine Brücke zur altgläubigen katholischen Kirche schlagen wollte und die Taufe im Sinne der katholischen Kirche erhalten bleiben sollte. Doch säte er damit gleichzeitig bewusst Feindschaft zu den „Wiedertäufern“, die sich zu einer maßlosen und grausamen Verfolgung auswachsen sollte. Auch die Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin fragten sich, wie mit der „täuferischen Pest“ umzugehen sei. Auch hier wurde Jagd auf „Wiedertäufer“ gemacht – von kirchlicher wie von staatlicher Seite.

 

Feuertaufe_Cover_400hochDieser Text ist ein bearbeiteter Auszug aus dem Buch von Peter Hoover: Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation.

Erhältlich beim Down to Earth Verlag.

 

 

 

 

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar