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Kerstin Hack: Schlüssel zu Freude und Dank

Das Jahr der Dankbarkeit, zu dem wir zwischen Erntedank 2015 und 2016 immer wieder inspirieren , ist nun bereits im vierten Monat. Hier kommt ein weiterer Anstoß von Kerstin Hack, wie man Freude und Dankbarkeit durch größere Aufmerksamkeit im Alltag finden kann.

Vor einer Weile saß ich mit einer Freundin in einem Café. Sie erzählte mir, dass sie schon seit langer Zeit keine echte Lebensfreude mehr empfand und schon seit Monaten nicht mehr richtig fröhlich gewesen ist. Sie lebte ihr Leben. Von Tag zu Tag – aber Freude am Leben hatte sie schon lange nicht mehr gespürt. Ich lud sie zu einem Experiment ein und bat sie, die drei Zuckerstücke, die in einem Schälchen auf dem Tisch standen, zwanzig Sekunden lang eingehend zu betrachten. Anschließend bat ich sie, mir zu beschreiben, was sie gesehen hatte. Sie war etwas überrascht, aber folgte meiner Anweisung. Dann beschrieb sie ausführlich die knubbelige, unregelmäßige Form der Zuckerstücke aus braunem Rohzucker, die sie in Form und Farbe an Berggipfel erinnerten. Ich hörte ihr zu, aber noch mehr als ihre Worte faszinierten mich ihre Augen. Je ausführlicher sie jedes wahrgenommene kleine Detail der klumpigen Zuckerstückchen beschrieb, umso mehr leuchteten ihre Augen voller Leben. Sie strahlte vor Begeisterung über drei kleine, unregelmäßig geformte Zuckerstücke. Sie hatte sich angestrengt, etwas anderem als ihren Sorgen bewusst Aufmerksamkeit zu schenken, und das hatte in ihr Glücksgefühle ausgelöst.

Für jede Anstrengung werden wir vom Körper mit Glücksgefühlen belohnt, egal ob es sich um körperliche oder geistige Anstrengung handelt. Ich empfahl ihr, neu zu lernen, den kleinen Dingen des Alltags Achtsamkeit zu schenken: einem Blatt an einem Strauch, dem Gesicht eines Kindes oder den Wolken am Himmel.

Die meisten Menschen können einem Kunstwerk Aufmerksamkeit schenken. Aber wann hast du dir das letzte Mal genau angesehen, wie ein Teebeutel gefaltet ist oder wie klein die Schraube ist, die die beiden Seiten einer Nagelschere zusammen hält? Oder die zart gemusterten Flügel einer ganz einfachen Hausfliege betrachtet? Mach einen Moment Pause und erinnere dich: »Was habe ich heute gesehen? « Oder frage dich: »Was sehe ich jetzt?«

Glückshormone werden ausgeschüttet, wenn wir Neues entdecken. Dabei ist es egal, ob man einen neuen Menschen kennenlernt, eine Stadt erkundet oder erstmals ein unbekanntes Café betritt. Mit Glück wird man auch belohnt, wenn man ein Aha-Erlebnis beim Lernen hat. Ich war kürzlich in England und habe endlich verstanden, wie das mit dem englischen König Heinrich VIII. und seinen sechs Frauen war. Okay, die politischen Zusammenhänge und alle seine Motive habe ich nicht verstanden, aber eine Freundin hat mir erzählt, wie sich englische Schulkinder einen Reim auf das eheliche Durcheinander des Monarchen machen: »Geschieden, geköpft, gestorben, geschieden, geköpft, überlebt.« Das kann ich mir merken. Ich habe etwas gelernt und es begeistert mich, dass ich es mir nun merken kann.
Genauso begeistert bin ich, wenn ich ein Bild sehe, das etwas Altbekanntes aus neuer Perspektive zeigt oder ich in einem Buch oder Gespräch mit einem neuen Gedanken konfrontiert werde.

Wann immer wir etwas wahrnehmen und aufnehmen, bereichert uns das. Achtsamkeit beschenkt uns mit Glück. Aber sie kostet auch etwas. Das kommt im englischen to pay attention zum Ausdruck. Während wir im Deutschen sagen, dass wir einer Sache Aufmerksamkeit schenken, spricht man im Englischen davon, den Preis der Aufmerksamkeit zu zahlen. Darin wird deutlich, dass es uns etwas kostet, auf Dinge zu achten. Wir zahlen gerne den Preis der Aufmerksamkeit, die Zeit und Konzentration, die es uns kostet, einem anderen Menschen achtsam zuzuhören, weil wir spüren, dass es sich lohnt. Das Leben ist voller beglückender Erfahrungen, wenn man beachtet, was man sieht, fühlt, wahrnimmt und spürt. In dem Film The Prestige erklärt ein Zauberkünstler, der auf der Suche nach immer spektakuläreren Zaubertricks auch vor Verbrechen nicht zurückschreckte, was ihn motiviert hatte: »Die leuchtenden Augen der Zuschauer zu sehen, wenn sie etwas Neues, Faszinierendes erlebten.«

Um eigene oder fremde Augen zum Leuchten zu bringen, muss man keine Zaubertricks beherrschen – wohl aber die Fähigkeit entwickeln, diese zauberhafte Welt mit offenen, staunenden Augen zu betrachten. Achtsamkeit erfordert Zeit. Wir schaffen vielleicht etwas weniger, wenn wir mit offeneren Augen durchs Leben gehen und Dinge bewusst wahrnehmen, statt durchs Leben zu hetzen. Aber wir sind nach Tagen, die solche Momente des Innehaltens hatten, auch weniger geschafft, weil uns diese Achtsamkeits-Pausen mit Glück und Dankbarkeit beschenkt haben.

Am Abend vor dem Einschlafen oder auch zu anderen Zeiten kann man sich die bewusst gespeicherten Bilder wieder ins Gedächtnis rufen. Nicht nur die Bilder werden wiederkommen, sondern auch das Gefühl der Schönheit und Zufriedenheit, welches wir beim ersten Betrachten hatten, wird sich wieder einstellen. Dankbarkeit kann sich im Leben entfalten.

 

 

Spring_2.AuflageDieser Text ist ein Auszug aus dem Buch von Kerstin Hack: Spring – hinein ins volle Leben. Down to Earth, 12,80€.

Direkt erhältlich im Down to Earth-Shop.

 

 

 

 

 

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