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Erfolg und Persönlichkeit

„Wie kannst du behaupten, erfolgreich zu sein?“, fragte mich ein guter Freund provokant. „Wo ist dein BMW?“ Mein Haus, mein Boot, mein Auto oder meine steile Karriere, meine glückliche Familie, meine Berühmtheit gelten allgemein als Gradmesser für Erfolg. Die Frage, ob das auch als Maßstab für den eigenen Erfolg geeignet ist, ist berechtigt. Wer sich nur an dem misst, was „man“ für erfolgreich hält, lebt nach den Erfolgskriterien anderer. Er hat womöglich nicht für sich selbst geklärt, ob Haus, Boot, Auto und Karriere dem entsprechen, was er selbst wirklich will.

Der Öl-Milliardär John Paul Getty war zu seiner Zeit der reichste Mann der Welt. Er liebte es, Unternehmer zu sein, genoss die Bekanntschaft und Freundschaft vieler einflussreicher Menschen. Andere hätten ihn vermutlich als rundum erfolgreich bezeichnet. Er selbst tat es nicht. Es gab Bereiche seines Lebens, in denen er seine selbst gesteckten Ziele und Wünsche nicht erreicht hatte. Seine fünf Ehen scheiterten. Am Ende seines Lebens gab er zu: „Ich habe Fehler und Schwächen, Neid gehört aber nicht dazu, abgesehen davon, dass ich Menschen beneide, denen es gelingt, glücklich verheiratet zu sein. Diese Kunst habe ich nie erlernt.“* 

Erfolg ist nur dann wirklich beglückend, wenn man die eigenen Ziele erreicht hat – nicht wenn man da angekommen ist, wo andere den Erfolg verorten. Wenn man die Ziele erreicht hat, die andere für einen gesteckt haben, freut man sich auch – doch oft ist die Freude nur von kurzer Dauer. Erreicht man hingegen etwas, das der eigenen Persönlichkeit entspringt, erfüllt das mit tiefer Befriedigung. Dieses Gefühl hält dann auch lange an.

Für mich etwa hat Ästhetik einen hohen Wert. Es befriedigt mich sehr, wenn ich schöne Dinge sehe – oder noch besser, wenn ich selbst etwas mit hohem ästhetischem Anspruch entwickeln kann. Wenn ich vor die Wahl gestellt würde, ob ich ein Buch produziere, das wunderschön gestaltet ist, oder eines, das sich massenhaft verkauft, würde ich immer das schöne Buch wählen. Es sei denn, ich wäre gerade am Verhungern. Am liebsten natürlich schön und gut verkäuflich. Es wird im Leben immer einen Balanceakt zwischen dem geben, was von dir erwartet wird und was du selbst erreichen möchtest.

Doch es lohnt sich, darüber nachzudenken, was für dich selbst Erfolg wäre. Was würde dich lange mit Zufriedenheit erfüllen? Darauf kannst du dann zugehen – und vielleicht sogar auf den einen oder anderen nur kurzfristigen Erfolg verzichten. Ich freue mich über meinen Erfolg, viele schöne Bücher produziert zu haben, die das Leben von Menschen bereichern. Und fahre weiter Rad – vielleicht mal Smart. BMW sicher nicht.

 

Werte und Traditionen

Das Leben ist zu kurz, um alle Lernerfahrungen selbst zu machen. Wie gut, dass Menschen vor uns da waren, die das Rad erfunden haben, entdeckt haben, wie man Feuer macht und Strom produziert. Und auch wie das Leben gelingt. Unsere Traditionen und Werte bezeugen: Da haben Menschen sich Gedanken gemacht und Erfahrungen gesammelt, wie man sein Leben gut leben kann. In Form von Ratschlägen, Überzeugungen, Regeln und Traditionen geben sie Wissen und Erfahrung an nachfolgende Generationen weiter.

Man muss das Rad nicht neu erfinden. Das erleichtert das Leben ungemein. Man hat von anderen gelernt, wie man sicher über die Straße kommt und welches Verhalten Zusammenleben gelingen lässt. Wie gut. Die Kehrseite: Traditionen versteifen im Lauf der Zeit und manche Werte passen nicht mehr richtig, wenn sich die Gesellschaft ändert. Oder eine veränderte Situation anderes Handeln nötig macht. So erschwerten nach der Katastrophe in Japan 2011 starre Landesbestimmungen das Anliefern von Hilfsgütern. Es ist für ein gelingendes Leben erforderlich, Werte und Regeln immer wieder auf ihre Tauglichkeit für die aktuelle Zeit und Lebenssituation zu überprüfen.

Werte, Regeln und Traditionen sind Modelle. Sie sind nicht die Wirklichkeit, sondern Schlussfolgerungen aus der eigenen Sicht der Welt. Hat man ein falsches Modell der Wirklichkeit, wird man auch falsche Schlussfolgerungen ziehen. Es lohnt sich, zu hinterfragen, welche Sicht der Wirklichkeit bestimmten Werten zugrunde liegt. So hielten viele Angehörige der Nachkriegsgeneration es für einen hohen Wert, zu sparen. Das Weltbild dahinter war: Wenn man Vorräte angesammelt hat, kann man Katastrophen besser bewältigen. Das prägt bis heute.

Die Deutschen gelten weltweit als hervorragende Sparer – aber als nur mittelmäßige Investoren. Wenn man zu einem erfolgreicheren Investor werden will, nützt es nichts, wenn man etwa auf die Idee käme, den Wert „Sparen“ einfach über Bord zu werfen. Stattdessen sollte man tiefer gehen und prüfen, worin er verankert liegt. Etwa indem man fragt: Teile ich die Überzeugung, dass Sparen der beste Weg ist, für Krisen vorzusorgen? Oder könnte es besser sein, in neue Produkte und Ideen zu investieren, um auf diese Art und Weise vorzusorgen? Oder besteht die beste Krisenvorsorge darin, möglichst viele Talente zu entwickeln, um in Krisen flexibel reagieren zu können? Wäre es also effizienter, in Ausbildung zu investieren als in den Sparstrumpf? Nur Werte, die man aus einem Weltbild ableitet, das weitgehend mit der Realität übereinstimmt, führen letztendlich zum Erfolg.

*Zitat aus: „So sehe ich es“. Gustav Lübbe, 1976. Klappentext.

 

s_e_erfolg_400x400Dieser Text entstammt der Einleitung des Buchs von Kerstin Hack: Erfolg. schlicht+ergreifend. Down to Earth, 12,95€.

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